Zelko Wiener

*1953 in Banja Koviljaca, (SFRJ), lived and worked in Vienna, (A) † 2006

Ausstellungen/Exhibitions:
2008 FILE Sao Paulo, (BR)
2009 Ars Electronica Linz, (A)
2009 WGZ Düsseldorf, (GER)

www.zelkowiener.net


Sinnenwerkzeug
1978 (ZW2741)

Kin-Objekte
1983-85 (ZW2739, ZW2733, ZW2738)

Passwort
1987 (ZW2248, ZW2256, ZW2338)



Zeichen und Bild

Trotz des enormen Themenspektrums und des forschend-experimentellen Charakters der Ansätze von Zelko Wiener zeigt sich im Überblick erst die enorme Stringenz, mit der er seine zeichen- wie medienkritische Auseinandersetzung betrieben hat und wie pionierhaft die entwickelten Verfahren dieses Wegbereiters der Medienkunst waren. Was bedeutet es, festzustellen, dass im Oeuvre Zelko Wieners das Bildzeichen eine besondere
Rolle spielt? Es zeigt sich darin die Suche nach einem Bildmedium, das nicht nur Äquivalent sinnlicher Wahrnehmung ist, sondern auch Ausdruck einer Systematisierung, einer vielleicht gar universalen Codierung, der alte avantgardistische Traum. Bildhafte Zeichen, die neben ihrer schriftlichen Kodifizierung auch figurale Präsenz sichtbar machen, verweisen auf gesellschaftliche Normierungsprozesse. Ihnen haftet aber über den standardisierten Gebrauch hinaus noch ein anderes, ikonisches Dasein an. In Zelko Wieners frühen Arbeiten ist das unbekümmerte Eigenleben der Zeichen eindringlich spürbar. In den frühen Zeichnungen nehmen comicartige Formen mit kräftigen Strichen jeweils mittig den Bildgrund ein; monumental erscheinende plastisch voluminöse Zackengebilde, die wie Icons, Körperhaltungen und Gesten wirken. Das Staccato der drei Zick-Zack-Linien ist oftmals unterbrochen, mit Öffnungen, die die transparente farbige Füllung diffundieren lassen. Es ist kein Zufall, dass in dem bestimmten Duktus dieser zeichnerischen Gebilde auch Einflüsse asiatischer Kalligraphie sichtbar werden. Deutlicher an die Bildsymmetrie gebunden, verfolgt Zelko Wiener mit einer weiteren grafischen Arbeit erste Überlegungen zur Fülle und Leere der Bildzeichen, zu ihrer symmetrischen und asymmetrischen Geometrisierung. Mit größter Sensibilität analysiert er dabei die Destabilisierung konstruktivistischer Bildsprache im Fragment, der Übermalung, der positiven und der negativen Form, von Figur und Grund. Dass er diese grafischen Techniken in die Computergrafik überträgt, wie sich der ersten Abbildung entnehmen lässt, macht eines sichtbar: das neue Medium wird aus dem alten entwickelt, es entsteht zunächst keine neue, sondern eine bewusst der traditionellen Bildgattung unterworfene, ästhetische Sprache. Jene subtilen Strategien weichen jedoch dem effektvollen Auftritt einer skulpturalen scharf geschnittenen Standardform, die der Künstler in den dreidimensionalen und futuristisch bzw. japanisch anmutenden dynamisierten Kin-Objekten entwickelt. Das Zeichen ist nun zum kostbaren Artefakt geworden, ein handhabbares phallisch konnotiertes Symbol. In der zweidimensionalen Computergrafik mit dem Titel „Passwort“ wird es zum aggressiv anmutenden Graffiti. Der Bildschirm fungiert hier immer noch als Bildebene, Leinwand, Unterlage, auf die das Zeichen aufgetragen wird. Es ist überaus interessant, im Frühwerk Zelko Wieners jene für die Medienkunst so oft beschworene Schwelle zum digitalen Zeichen nachzuvollziehen. Wiener hat selbst auf dieses eigentümliche Phänomen aufmerksam gemacht, dass im Computer generierte Bilder gerade durch den Ausdruck wieder auf das Papier gebannt werden, das, so bezeichnet er es noch 1989 „klassische Speichermedium überhaupt“. Das Papierformat als standardisiertes Medium einer alltäglichen, bürokratisierten Bildform ist bei den besprochenen Arbeiten noch deutlich erkennbar und liefert auf diese Weise ein deutliches Unterscheidungsmerkmal zu den nachfolgenden Arbeiten.

Gabriele Genge | Angela Stercken
Textauszug aus dem Vortrag anlässlich der Eröffnung des Zelko Wiener Kunstarchivs am 15.4.2010.
Zelko Wiener, in: Der verlorene Augenblick. Digitale Photographie. Zelko Wiener: Ausst.-Kat. Kunstverein Galerie Arcade, Mödling 1989.

Sign and Image

Despite the enormous spectrum of themes and the exploratory-experimental character of Zelko Wiener's approaches, the overview shows the impressive stringency with which he practiced his sign- and media-critical examination and how pioneering the developed methods of this pathfinder of media art were. What does it mean to realize that the image sign plays a particular role in Zelko Wiener's oeuvre? In it is revealed the search for an image medium that is not only the equivalent of sensuous perception but also the expression of systematization, of a perhaps even universal codification, the old avantgarde dream. Image-like signs, which show a figural presence in addition to their written codification, point to societal processes of standardization. In addition to the standardized use however, a different iconic existence is attached to them. In Zelko Wiener's early work the unconcerned independent existence of signs is clearly felt. In the early drawings, comic-like forms in strong strokes take up the middle of the picture; monumentally seeming plastically voluminous jagged structures appear like icons, body positions, and gestures. The staccato of the three zig-zag-lines is frequently interrupted by openings that allow the diffusion of the transparent colorful fill. It is not a coincidence that the influence of Asian calligraphy can be seen in the characteristic style of these drawings. More clearly tied to image symmetry, another graphical work shows Zelko Wiener's first reflections on the full and emptiness of image signs, and on their symmetrical and asymmetrical geometrification. He analyses with great sensibility the destabilisation of a constructivist image language in a fragment, in overpainting, in positive and negative forms, in figure and ground. That he carries these graphic techniques into computer graphics, as can be gleaned from the first picture, reveals one thing: the new medium is developed out of an old medium. The aesthetic language is not immediately revolutionized but remains consciously submissive to traditional image forms. These subtle strategies are nevetheless abandoned for the effective entrance of a sculpturally sharply cut standard form, which the artist develops in three-dimensional and futuristic, that is to say apparently Japanese dynamized Kin-objects. The sign has become a precious artifact, a manageable phallically connoted symbol. In the two-dimensional computer graphic entitled “Passwort“ it becomes an aggressive graffiti. The computer screen here still functions as image plane, screen, basis on which the sign is drawn. In Zelko Wiener's early work, it is especially interesting to retrace the threshold to the digital sign which is so important for media art. Wiener himself pointed out this peculiar phenomenon, that computer generated images are banished onto paper by the process of printing, that “classical data storage medium” as he called it still in 1989. The paper format as standardized medium of an everyday, bureaucratic image form is clearly recognizable in the discussed works and thus delivers a strong differentiating mark to the subsequent works.